Rüdiger Fleck: 8.Juli 1964 - 14.März 2024
Rüdiger war vieles: Mein Bruder, ein Freund von vielen (das allerdings eher als Roger), ein begeisterter Radfahrer, ein ruheloser Geist, ein Viel-Leser, selten zufrieden, immer suchend...
Ergänzung vom 7.11.25:
Da es in letzter Zeit zu Missverständnissen gekommen ist: Dies ist kein irgendwie gearteter Blog zu Betreuungsfragen. Mein Bruder war so viel mehr als dieses letzte, fatale Jahr und diese Seite soll eine Erinnerungsseite sein, auf der seine Bilder und Texte für seine zahlreichen Freunde und Bekannten zugänglich sind und auf der man Erinnerungen an Roger teilen kann. Deshalb bin ich weiterhin auf eure Mithilfe angewiesen! Danke schon mal an alle, die Material eingeschickt haben. Danke auch an "Vogelfrei Solutions" für die professionelle Überarbeitung dieser Gedenkseite und für die freundliche und pietätsvolle Zusammenarbeit.

Roger
Radtouren
ca. 1983 Florenz


1984 Marokko



Herbst 2012: Marokko

Frühjahr 2015: Kuba

Herbst 2015: Portugal
Hi Gise,
Bin gerade an der Lagoa Santo Andre. Hier hat es zur Zeit 24 bis 25 Grad. D.h. endlich sehr gutes Wetter, das sich so schnell nicht ändern wird.
Ist eine alte Beziehung seit 1980 (Interrail). Hier gibt es oft tolle Sonnenuntergänge.
Viele Grüße,
Rüdiger
Fotos vom 6.November 2015


Letzte Reise: Durch Frankreich nach Spanien und Portugal 2019-2022
2019 brach Roger mit seinem Tourenrad noch einmal auf. Er fuhr quer durch Frankreich und über seine geliebten Pyrenäen nach Spanien und Portugal. Leider strandete er 2020 wegen Corona an der Atlantikküste von Portugal. Ab 2021 lebte er in Lissabon und litt sehr unter den Quarantänebedingungen, was zu einer immer größeren Vereinsamung führte. Außerdem hatte er sich 2021 den Arm gebrochen, was in Portugal nicht ausreichend behandelt wurde und konnte wegen der resultierenden Fehlstellung nicht radfahren - für ihn eine Katastrophe.
Fotos vom 4. Januar 2022 und 31.März 2022


Erinnerungen
Trauerrede
Rüdiger würde sich vielleicht still freuen, uns hier alle versammelt zu sehen. Er würde es aber vermutlich nicht so sehr nach außen zeigen.
Aber leider ist ihm diese stille Freude verwehrt.
Wir sind hier, um uns von Rüdiger, oder auch Roger - wie sein geläufiger Spitzname lautet - zu verabschieden.
Sein Leben endete viel zu früh.
Wenn ich versuche, mir vom Leben eines Menschen ein Bild zu machen, dann hilft mir oft jenes von einer Reise.
Beim Nachdenken über Rüdigers Leben kam mir immer wieder und ganz besonders, dieses Bild der Reise.
Nun kann man ja eine Reise auf ganz unterschiedliche Weise angehen.
Man kann bunte Prospekte anschauen, sich etwas Bequemes verkaufen lassen und sich dann ausschließlich seiner eigenen Erholung hingeben.
Ich würde sagen, dann ist man ein Tourist.
Das ist auch okay, aber:
Rüdigers Reise war so nie.
Er wollte und konnte die Dinge nicht einfach konsumieren.
Roger war dafür viel zu neugierig.
Diesen Namen, anstatt des deutschen Rüdiger, den seine mittelalterbegeisterten Eltern für ihn ausgewählt hatten, bekam er sehr früh
So wie der Name, ausgehend von der Normandie, die Welt eroberte, so stellte man sich vielleicht unseren Rüdiger auch vor?
Da war ein neugieriger und experimentierfreudiger Junge zugange im Sand, hier in Bietigheim
Roger eben.
Bis heute legendär, seine Schwarzpulverexperimente, bei denen die Anwohner im Sand an den Geräuschpegel eines Überschallflugzeuges erinnert wurden.
Nein! Ein angepasster Tourist war Roger nicht.
Er blickte weiter.
Die Ideale einer auf materiellen Gewinn orientierten Reisegruppe wollte er nicht teilen.
Geliebt und behütet von seinen Eltern, sehr geliebt von seiner kleinen Schwester, versuchte er immer seine eigenen Lebensreisepläne zu machen.
Natürlich ist das nie unanstrengend gewesen.
Roger passte sich nicht an.
Selbst im Bandname der Schülerband spiegelte sich das wider: Die "Psychos". Leider kam die Band über einen Kurzauftritt im Musikunterricht nicht hinaus.
Unbeeindruckt davon ging Rogers Lebensreise weiter.
Der Reisezug fuhr weiter, es stiegen Menschen ein und auch wieder aus.
Zu euch hatte Roger bis heute Kontakt.
Danke dafür.
Eine der gemeinsamen Reisen, die ihr erinnert, war die 1983 nach Nordwestspanien.
Wahrscheinlich wurde Roger auch von dieser gemeinsamen Reise innerlich sehr berührt.
Was ihn später sehr beeindruckt hat, war nämlich das Gemälde von Pablo Picasso "Guernica", eine Stadt in dieser Region.
Picassos Aufschrei gegen eine Welt, die geprägt ist von Hass, Gewalt und Vernichtung.
Das Informationsmaterial zu Guernica hat Roger aufgehoben.
Etwas trieb ihn also um und an in seiner Lebensreise:
Der Gedanke, dass es doch möglich sein müsse, als Menschen anders miteinander zu leben.
Immer wieder suchte er Ziele, die nicht Mainstream waren.
Roger war kein Tourist, er war ein Reisender.
Und so kam es dazu, dass ihn und auch euch noch ein anderes Reiseziel interessierte, welches damals eher ungewöhnlich war: Die DDR.
1984 kam es zu einer Campingtour durch diesen abgeschirmten Teil Deutschlands.
Die Offenheit dafür, nicht nur Medien zu konsumieren, sondern sich selbst ein Bild zu machen, das ist etwas, was uns von Roger in Erinnerung bleibt.
So wenig stromlinienförmig wie sein Blick auf die Welt war, so ungewöhnlich fiel dann auch die Wahl seiner Studienfächer aus.
Auch hier stand für ihn nicht der materielle Gewinn im Fokus, sondern sein Interesse an der Welt, seine Neugier auf Möglichkeiten , ganz anders zu leben als menschliche Gemeinschaft.
Slawistik und Geschichte faszinierten ihn.
Nicht zufällig wurde Berlin nach dem eher provinziellen Tübingen für viele Jahre seine neue Heimat.
Er blickte gen Osten, in eine Richtung, die sich so ganz anders entwickelte als das bekannte bürgerliche Umfeld.
Auch spiegelte für ihn immer mehr die Philosophie, die Ideologie eine Rolle, die Idee, die hinter der Entwicklung in den sogenannten sozialistischen Staaten stand, der Kommunismus.
In politischen Fragen war und blieb Roger immer ein sehr streitbarer Mann
Er wollte sich nicht mit dem abfinden, was ist. Er glaubte daran, dass Anderes, vielleicht Besseres möglich sei...
Bis zum Schluss begleiteten ihn Bilder und Schriften von Revolutionären.
Roger war vor allem ein Reisender per Rad. Wenig kommerziell natürlich.
Kreuz und quer durch Europa, bis hin nach Marokko und durch Kuba radelte er.
Wie hier auf diesem Bild, "Guernica", fand Roger eventuell auf seinen ausgedehnten Touren die Freiheit, von der er immer träumte.
Ich finde es sehr mutig von ihm, diese Touren gemacht zu haben.
Dieser Mut zur Freiheit bleibt in unserer Erinnerung an dich, Roger.
Sein Freiheitsdrang fand leider in den letzten Jahren dann ein jähes Ende.
Geliebt aber blieb er von uns und von euch bis zum Schluss.
Diese Liebe ist etwas, das bleibt.
Die Welt hat Rüdiger und seine Motivation nie verstanden, nur wenige vertraute Menschen konnten erahnen, was ihn antrieb.
Und vielleicht hat er ja in der sehr schweren Zeit am Ende seines Lebens wieder öfter an eine Textzeile der Doors gedacht, welche er sicher gut kannte:
"Das ist das merkwürdigste Leben, das ich je gekannt habe."
heißt es im Titel, denn auch Roger verstand so vieles in dieser rücksichtslosen Welt nicht.
Vieles bleibt immer offen, ungesagt, unverstanden ... nach der Reise des Lebens.
Wir hören: "Waiting for the Sun...", während jede und jeder von uns seine ganz persönlichen Erinnerungen an Rüdiger, an Roger, für einen Moment zulassen kann...

Presse
Dieser Abschnitt wird momentan rechtlich überprüft und ist voraussichtlich bald wieder in überarbeiteter Form zugänglich.
Eingereichte Texte
Craig Anderson
29. Okt. 2025, 01:28
Hello, I was really saddened to hear that my old friend Rudy had passed away last year. I wish I had stayed in touch with him more regularly and I feel guilty about this. I met Rudy back in 1999 in St Petersburg in a hostel. I was a young Scottish cyclist on my way to Moscow when I hooked up with Rudy and we travelled together to Novgorod and beyond. Because Rudy spoke some russian and had visited previously he was a great source of knowledge and information and help to a novice like me. But he was much more than that, he was gentle and had real compassion and was a great travelling companion. I remember in Novgorod he helped to defuse a situation between some locals and a visiting Swede called Jonas who had been obnoxious to the bar staff in a local bar. Another time we were hounded by swarms of horseflies which were landing on our legs and biting us if we slowed down to less than 18kph, I could hear Rudy swearing in German for over 10km! I never made it to Berlin to visit Rudy but I still treasure the memories from over 25 years ago and these I will never forget. Rudy is one of those people who enter your life for only a short period of time, but who make a big impression. If there is an afterlife or heaven I hope they have bicycles and one day when it,s my turn to go I will meet Rudy again and we can go for a ride in the forest together. With love from Scotland Craig
Dann doch noch was zu Betreuungsfragen
Gerne möchte ich euch in Erinnerung an Rüdiger dazu aufrufen, UNBEDINGT, und zwar bevor etwas passiert, eine Betreuungsvollmacht für eine Person/einen Verwandten eures Vertrauens auszustellen, selbst dann, wenn ihr verheiratet seid und damit rechnet, dass ihr nie in einen so hilflosen Zustand wie Rüdiger geraten werdet. Vordrucke gibt es beim "Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz". Oder ihr geht zum Notar, das ist natürlich noch sicherer, aber auch teurer - dafür ist es bei der beim Notar gefertigten Vollmacht im Notfall fast unmöglich, diese zu übergehen. Aber auch der Vordruck vom Ministerium gibt euch viel mehr Sicherheit als mündliche Willensäußerungen.
Diese Betreuungsvollmacht wird nicht durch eine Patientenverfügung ersetzt, da diese euren Vertrauenspersonen nicht das Recht gibt, in eurem Sinne Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel ob euer Haushalt aufgelöst werden soll oder nicht.
Gisela Fleck, am 7.11.2025
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